Medizinische Fakultät OWL eröffnet Lehrbetrieb gemeinsam mit Wissenschaftsministerin und Gesundheitsminister
Ziel des Modellstudiengangs: bessere ambulante Versorgung

In einem Festakt eröffnen Wissenschaftsministerin Isabel Pfeiffer-Poensgen und Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann heute den Lehrbetrieb an der Medizinischen Fakultät OWL, der 14. Fakultät der Universität Bielefeld. Die ersten 60 Studierenden beginnen am 11. Oktober ihr Medizinstudium in Bielefeld.

„Dank des gemeinsamen Engagements der Universität Bielefeld und der Landesregierung ist es uns gelungen, dass die Medizinische Fakultät OWL innerhalb kurzer Zeit aufgebaut werden konnte“, sagt Wissenschaftsministerin Isabel Pfeiffer-Poensgen. „In Nordrhein-Westfalen kann damit nun an acht staatlich getragenen Universitäten Medizin studiert werden. Davon profitieren Studierende in ganz Nordrhein-Westfalen. Daher freue ich mich sehr, dass wir heute den Lehrbetrieb gemeinsam eröffnen und 60 Studierende ein modernes Medizinstudium mit frühzeitigem Praxisbezug beginnen können. Den Studierenden sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern am Campus, an den beteiligten Kliniken und in den Arztpraxen wünsche ich viel Erfolg und Freude in ihrem neuen akademischen Umfeld in der Universitätsmedizin OWL.“

Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann erklärt: „Ich bin sehr stolz, dass wir heute wie geplant den Lehrbetrieb an der Medizinischen Fakultät OWL feiern können. Der Aufbau der Fakultät ist eines meiner Herzensprojekte zur Stärkung der Allgemeinmedizin und hausärztlichen Versorgung in unserem Land. Alle Beteiligten haben in den letzten Jahren Großartiges geleistet, um dieses Projekt Realität werden zu lassen. Dafür bedanke ich mich sehr. Ich wünsche den ersten 60 Studierenden viel Erfolg für ihr Studium und hoffe, dass sie der Region auch als spätere praktizierende Ärzte erhalten bleiben. Sie werden sehen: OWL hat viel zu bieten!“

Schwerpunkt ambulante Medizin
Die ambulante Medizin, insbesondere die Allgemeinmedizin und die hausärztliche Versorgung, hat im neuen Modellstudiengang einen hohen Stellenwert. So entstand der Lehrplan auch unter Beteiligung ambulant tätiger Ärzt*innen der Region. Mehr als 60 Hausärzt*innen gehören zu-dem bereits zum Lehrpraxen-Netzwerk der Universität Bielefeld und werden sich an der Ausbildung der Studierenden beteiligen. Ein weiteres interdisziplinäres Netzwerk aus Forschungspraxen im ambulanten Bereich wird aktuell aufgebaut.

Meilensteine des Fakultätsaufbaus
Professor Dr.-Ing. Gerhard Sagerer, Rektor der Universität Bielefeld, ging zu Beginn des Festakts gemeinsam mit der Dekanin Professorin Dr. med. Claudia Hornberg auf die großen Meilensteine ein, die der ambitionierte Studienstart mit sich brachte: Die Grundlage bildete das Konzept, das zum Standort und seinen Schwerpunkten sowie zum politischen Auftrag passt, und im Oktober 2019 durch den Wissenschaftsrat positiv bewertet wurde. Bereits im Juli 2019 wurde der Kooperationsvertrag mit drei Krankenhäusern (Evangelisches Klinikum Bethel, Klinikum Lippe, Klinikum Bielefeld) für das Universitätsklinikum OWL unterzeichnet. Im Januar 2021 wurde der Modellstudiengang vom Land genehmigt.

Standortplanungen, Berufungsverfahren und Personalaufbau in Forschung, Lehre und Verwaltung, die Anwerbung und Einbindung von Lehr- und Forschungspraxen: „Ein Mammutprojekt“, betont Sagerer. „Ich danke den vielen engagierten Menschen sehr, die durch ihren Einsatz den Studienstart zum Wintersemester 2021 ermöglicht haben. Mein Dank gilt auch der Landesregierung für ihr entgegengebrachtes Vertrauen und für ihre starke Unterstützung in diesem Prozess. Ich glaube nicht, dass in Deutschland schon einmal so schnell eine so ambitionierte medizinische Fakultät aufgebaut wurde.“

Forschungsprofil
Das Forschungsprofil „Medizin für Menschen mit Behinderungen und chronischen Erkrankungen“ der Medizinischen Fakultät OWL ist einmalig in Deutschland. Der Wissenschaftsrat würdigt in seinem Bewertungsbericht im Oktober 2019 „die Entwicklung eines zukunftsfähigen Forschungskonzepts mit hoher gesellschaftlicher Relevanz“. Der im Aufbau befindliche Standort hat bereits jetzt verschiedene Drittmittelprojekte eingeworben und ist Mitglied im Nationalen Netzwerk Universitätsmedizin (NUM). Ein Anschubfonds Medizinische Forschung (Gesamtvolumen ca. zwei Millionen Euro) wurde erfolgreich aufgesetzt. Damit fördert die Universität Bielefeld bald schon in der zweiten Förderrunde Forschungsprojekte und Kooperationen zwischen forschenden Ärzt*innen des Uniklinikums OWL, ambulant tätigen Ärzt*innen in OWL und Wissenschaftler*innen der Universität Bielefeld.

Modellstudiengang
Neben der ambulanten Medizin prägen den Modellstudiengang unter anderem drei weitere Merkmale:

  • Schwerpunkt Interprofessionalität und Interdisziplinarität: Ab dem 1. Fachsemester besuchen die Studierenden interprofessionelle Lehrveranstaltungen. Darin lernen sie mit Studierenden und Auszubildenden anderer Gesundheitsberufe gemeinsam, diskutieren über Aufgaben und Besonderheiten ihres jeweiligen Berufes und üben praktische Fertigkeiten und Teamkommunikation.
  • Schwerpunkt Technik und Zukunftsorientierung: Das Curriculum umfasst, verteilt auf mehrere Semester, 39 Unterrichtseinheiten Digitale Medizin und bietet zudem die Möglichkeit, den Schwerpunkt im Profilbereich zu vertiefen.
  • Schwerpunkt Wissenschaftlichkeit: Alle Studierenden erwerben über das Studium hinweg wissenschaftliche Kompetenzen. „Un-sere Studierenden sollen gut vorbereitet sein auf eigene wissenschaftliche Arbeiten wie die Promotion. Sie benötigen wissenschaftliche Kompetenzen aber auch im ärztlichen Alltag: Wer zukünftig neue Behandlungsmethoden bewertet, muss Studien verstehen und interpretieren können“, betont Dekanin Hornberg. Mit einem zusätzlichen Semester können die Studierenden zudem einen Bachelor of „Interdisciplinary Medical Sciences“ erwerben und so ihre wissenschaftlichen Fertigkeiten weiter ausbauen.

Zahlen aus der Fakultät zum Studienstart

  • 60 Studierende
  • 19 besetzte Professuren (Professuren, die für die Lehre in den ersten Fachsemestern essentiell sind, die wichtige klinische Fächer abdecken und die Schwerpunktthemen der Medizinischen Fakultät OWL aufgreifen, wie Allgemein- und Familienmedizin, Geschlechtersensible Medizin, Digitale Medizin)
  • Rund 90 Fakultätsmitarbeiter*innen
  • 60 Lehrende sind seit März 2021 in die Vorbereitungen und inhaltlichen Ausgestaltungen des ersten Fachsemesters involviert (wöchentliche Treffen der Modulkommissionen sowie zusätzliche Fachgruppen-Treffen)
  • 2019 und 2020 waren 257 Ärzt*innen und andere Fachvertreter*innen an der Ausarbeitung des Curriculums beteiligt (Kliniken, Niedergelassene, andere Fakultäten)
  • Die Standortplanung ist abgeschlossen, das erste Gebäude wurde gekauft, eines für die Medizin erweitert, ein drittes befindet sich im Bau, weitere in Vorbereitung.
  • 15 eingeworbene Drittmittelprojekte im Gesamtvolumen von 4,8 Millionen Euro, darunter 2 Stiftungsprofessuren, 1 Juniorforschergruppe sowie Drittmittelprojekte verschiedener Fördergeber (BMBF, BMG, DFG, Stiftungen), 4 Teilprojekte im Transregio-Sonderforschungsbereich „Konstruktion von Erklärbarkeit“ (SFB/TRR 318) der Universitäten Paderborn und Bielefeld.

Unterstützung der Gesundheitsforschung des 21. Jahrhunderts
Apotheken spenden 60.000 Euro zur Förderung der Biobank

Im Januar starteten fünf lippische Apotheker in neun Filialen die Aktion „FFP2-Masken aus der Apotheke: Coupon einlösen und Gutes tun!“. Hintergrund war die bundesweite Ausgabe der medizinischen Masken an Anspruchsberechtigte in den örtlichen Apotheken. Jede Person, die einen entsprechenden Coupon vorlegen konnte, musste für die Maskenausgabe einen Eigenanteil von 2 Euro zahlen. Diesen wollten die Apotheker für einen guten Zweck spenden. Auf diese Weise sind rund 50.000 Euro zusammengekommen, die von den Apothekern noch einmal aufgestockt wurden. So konnte sich die Gesundheitsstiftung Lippe in dieser Woche über einen Scheck über insgesamt sagenhafte 60.000 Euro freuen.

Das Geld wird der Medizinforschung zu Gute kommen und soll am Klinikum Lippe in die Biobank investiert werden. „Wir sind mit dem Campus Klinikum Lippe Teil des Universitätsklinikum OWL und werden uns daher in der Zukunft noch verstärkter im Bereich der Forschung engagieren“, sagt Dr. Johannes Hütte, Geschäftsführer des Klinikum Lippe und stellvertretender Vorsitzender des Vorstandes der Gesundheitsstiftung Lippe.

Die sogenannte „Krankheitsspezifische Biobank“ ist bereits seit Jahresbeginn am Klinikum Lippe etabliert. Mit ihr können unterschiedliche Proben von Personen, wie zum Beispiel Körperflüssigkeiten oder Gewebe, eingelagert werden. Zu den Proben werden dann weitere Informationen gespeichert, wie Krankheitsgeschichte, Alter oder Lebensumstände. Die Proben können mittels Kryokonservierung – Einfrieren in flüssigem Stickstoff – gelagert und zu speziellen Fragestellungen zu einem späteren Zeitpunkt analysiert werden. Die Biobank ist somit wichtiger Bestandteil der Gesundheitsforschung des 21. Jahrhunderts. Durch die Förderung unserer medizinischen Forschung können wir nicht nur die Biobank ausbauen, sondern sind Teil eines nationalen Forschungsnetzwerkes, welches uns den unmittelbaren Anschluss an die universitäre Forschung ermöglicht.

„Die Gesundheitsstiftung hat seit ihrer Gründung immer wieder viele kleine Initiativen gefördert, aber insbesondere auch große Projekte wie den Bau der Familienklinik maßgeblich ermöglicht. Aktuell haben wir es uns zur Aufgabe gemacht, das Klinikum Lippe als universitäre Einrichtung zu unterstützen. Forschung braucht Ressourcen – personell, strukturell, räumlich und finanziell“, betont Christian Ritterbach, Geschäftsführer der Gesundheitsstiftung Lippe. Ihm ist auch bewusst: „Dass örtliche Unternehmen uns in dieser für die Gesundheit der Bevölkerung und die Weiterentwicklung des Gesundheitsstandortes OWL so wichtigen Aufgabe unterstützen, ist keinesfalls immer selbstverständlich. Herzlichen Dank noch einmal an die fünf Apotheker für diese spontane und grandiose Aktion.“

An der Spenden-Aktion beteiligt waren:
• Einhorn-Apotheke in Barntrup
• Heutor-Apotheke in Blomberg
• Bahnhof-Apotheke in Detmold
• Hof-Apotheke in Detmold
• Medicum-Apotheke in Detmold
• Paulinen-Apotheke in Detmold
• Hirsch-Apotheke in Lage
• Ross-Apotheke in Lage
• Medicum-Apotheke in Lemgo

Mehr Informationen zur Gesundheitsstiftung Lippe finden Sie auch unter: Gesundheitsstiftung Lippe.

Biobank am Klinikum Lippe etabliert

Das Netzwerk Universitätsmedizin garantiert koordinierte Forschungsarbeit zu Covid-19. Insgesamt 13 klinikübergreifende Verbundprojekte in Deutschland sollen die Diagnostik und Behandlung von Covid-19 verbessern. Zwei dieser Verbundprojekte werden am Klinikum Lippe federführend für das UK OWL vorangetrieben.

PD Dr. Tebbe

Prof. Brune

Dabei handelt es sich erstens um das bundesweite Projekt „Nationales Pandemie Kohorten Netz (NAPKON)“. Unter der Leitung von Priv.-Doz. Dr. Johannes Tebbe und Prof. Dr. Thomas Brune werden derzeit die ersten Patienten eingebracht. Dafür war einiges an Aufwand notwendig, denn die Proben (Blut, Speichel und Urin) die von den Studienteilnehmerinnen und -teilnehmern, die an COVID-19 erkrankt sind, entnommen werden, müssen bei minus 80 Grad bzw. minus 196 Grad eingelagert werden. Dafür musste zunächst eine so genannte „Krankheitsspezifische Biobank“ etabliert werden. In einer Biobank werden unterschiedliche Proben von Personen eingelagert. Es ist somit eine Sammlung von Stoffen, Körperflüssigkeiten und Geweben. Zu den Proben werden weitere Informationen von den Personen gespeichert. Das sind Informationen wie Krankheitsgeschichte, Alter, Lebensumstände. Die Proben mit den Informationen zu den Personen können zu einem späteren Zeitpunkt analysiert werden.

Prof. Dr. Hansen

In dem ebenfalls derzeit laufenden nationalen Forschungsprojekt DEFEAT PANDEMIcs (Deutsches Forschungsnetzwerk Autopsien bei Pandemien) fungiert das Institut für Pathologie des Klinikums Lippe unter der Leitung von Prof. Dr. Torsten Hansen als universitäres Autopsiezentrum für das UK-OWL. Neben der Durchführung und detaillierten Dokumentation der Obduktionen an COVID19-positiven Verstorbenen steht hier die bundesweite Sammlung der Autopsiedaten über eine zentrale Datenbank (RWTH Aachen) und die lokale Asservierung von Gewebeproben im Vordergrund. Die Erfassung von Gewebsmaterial dient dabei einerseits der Diagnostik, hat aber auch die Sammlung von Gewebe-Bioproben für wissenschaftliche Zwecke in Form einer Gewebebasierten Biobank zur Aufgabe. 

Die beiden Projekte NAPKON und DEFEAT PANDEMIcs sind Forschungsvorhaben des Nationalen Forschungsnetzwerks der Universitätsmedizin (NUM) und werden finanziert vom Bundesministerium für Bildung und Forschung. Das Netzwerk Universitätsmedizin wurde zu Beginn der COVID-19 Pandemie durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung ins Leben gerufen. Es hat zum Ziel, Maßnahmenpläne, Diagnostik- und Behandlungsstrategien möglichst aller deutschen Universitätskliniken zusammenzuführen und auszuwerten. Durch diese Bündelung der Kompetenzen und Ressourcen sollen Strukturen und Prozesse in den Kliniken geschaffen werden, die eine möglichst optimale Versorgung der COVID-19-Erkrankten sicherstellen. Die Universitätskliniken und die anderen Krankenhäuser werden dann schnell, qualitätsgesichert und schlagkräftig agieren können. 

Mit dem „Nationalen Netzwerk der Universitätsmedizin zu Covid-19“ bündelt und stärkt das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) die Forschungsaktivitäten in den deutschen Universitätskliniken zur Bewältigung der aktuellen Pandemie. Für das Netzwerk Universitätsmedizin stellt das BMBF insgesamt 150 Millionen Euro bereit. Das Netzwerk hat dreizehn vordringliche Themen festgelegt, zu denen nun klinikübergreifende Forschungsprojekte starten. Dazu erklärt Bundesforschungsministerin Anja Karliczek: 

„Wir brauchen wirkungsvolle Konzepte, um die Menschen, die an Covid-19 erkranken, bestmöglich behandeln zu können. Und wir müssen die besten Strategien finden, um die Ausbreitung der Pandemie einzudämmen. Ich bin überzeugt davon, dass die heute vom Netzwerk Universitätsmedizin vorgestellten Forschungsarbeiten hierzu einen wichtigen Beitrag leisten werden. Ich wünsche den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern viel Erfolg bei ihrer Arbeit. Das Netzwerk Universitätsmedizin ist in dieser Form einmalig. Alle deutschen Universitätskliniken sind Teil dieses Netzwerkes. Die Kliniken tauschen ihr Wissen und ihre Erfahrungen mit der Behandlung von Covid-19-Erkrankten aus und lernen so fortlaufend miteinander und voneinander. Gemeinsam lösen sie drängende Fragen für die Verbesserung der Behandlung und entwickeln Behandlungsstrategien und -konzepte, die eine bestmögliche Versorgung der Patientinnen und Patienten sichern. Außerdem suchen sie nach den besten Wegen, die Pandemie unter Kontrolle zu halten. Für diesen unermüdlichen Einsatz danke ich allen beteiligten Akteuren.“ 

Das Netzwerk Universitätsmedizin (NUM) hat zum Ziel, Daten, Erkenntnisse, Maßnahmenpläne, Diagnostik- und Behandlungsstrategien möglichst aller deutschen Universitätskliniken und ggf. weiterer Akteure zusammenzuführen und auszuwerten. Durch diese Bündelung des Wissens, der Kompetenzen und Ressourcen sollen Strukturen und Prozesse in den Kliniken geschaffen werden, die eine möglichst optimale Versorgung der Covid-19-Erkrankten sicherstellen. Gleichzeitig soll das Pandemiemanagement durch Versorgungsforschung und die Entwicklung praxisnaher Empfehlungen unterstützt werden.


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