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Altersmedizin: Gut alt werden in Lippe

Die Menschen werden immer älter und es gibt immer mehr alte Menschen. Der demografische Wandel erfordert auch spezielle medizinische Behandlungskonzepte. Diese finden sich in der Geriatrie, der sogenannten Altersmedizin wieder.

Die Lehre von den Krankheiten des alternden Menschen steckt als anerkannte eigenständige Fachrichtung in Deutschland noch in den Kinderschuhen und war bisher eher ein Teilbereich der Inneren Medizin. Doch die Veränderung der Gesellschaftsstruktur erfordert ein Umdenken und neue Behandlungskonzepte für eine Patientengruppe, die immer größer wird.

Dr. Christoph Friedrich ist Chefarzt der Klinik für Geriatrie am Klinikum Lippe. Gemeinsam mit Prof. Dr. Christoph Redecker, Chefarzt der Klinik für Neurologie, betreut er Patienten im Zentrum für Altersmedizin. Im Interview für unser Klinikmagazin Gesundheit Lippe hat er verraten, was genau diese Fachrichtung so besonders macht.

Dr. Christoph Friedrich

Herr Dr. Friedrich, Krankenhäuser sind schon immer ein Ort, an dem besonders viele ältere Menschen zu finden sind. Was ist der Unterschied zwischen einer normalen Station und der Versorgung in einem Zentrum für Altersmedizin?

In unserem Zentrum für Altersmedizin werden Krankheiten und sich daraus ergebende Behinderungen oder Beeinträchtigungen bei Menschen im höheren Lebensalter behandelt. Es ist unser Ziel, die älteren Patienten wieder fit zu machen. Sie sollen ganz normale Tätigkeiten des Alltags weitgehend allein bewältigen und weniger pflegebedürftig sein. Das ist für viele ältere Menschen sehr wichtig. Sie wollen nicht hilflos und abhängig von Dritten sein, sondern möglichst lang eigenverantwortlich wohnen und leben. Um dieses Ziel zu erreichen, ist interdisziplinäre Zusammenarbeit notwendig und diese können wir im Zentrum für Altersmedizin am Klinikum Lippe leisten. Im Prinzip kann man sagen, die Besonderheit eines Zentrums für Altersmedizin ist der Rundumblick – sowohl auf den Patienten als auch sein Umfeld.

Auf einer normalen Station behandelt der jeweilige Facharzt die Erkrankung des Patienten nach den Standards, die für seinen Fachbereich gelten. Doch gerade bei älteren Menschen liegen oft Komorbiditäten (Begleiterkrankungen) oder mehrere Grunderkrankungen gleichzeitig vor. Daher werden meist auch verschiedene Medikamente nebeneinander eingenommen. Alle Einflüsse auf den Patienten – vom Problem, was zum Krankenhausaufenthalt führte, über Nebenerkrankungen bis hin zur Eigenständigkeit und zum sozialen Umfeld – zu berücksichtigen, ist Aufgabe der Geriatrie.

Also sind mehrere Fachabteilungen wichtig für den Erfolg der Therapie?

Ja, wir können den Patienten nur bestmöglich behandeln, wenn Ärzte, speziell geschulte Pflegekräfte, Physiotherapeuten, Ergotherapeuten, Logopäden und Sozialarbeiter Hand in Hand zusammenarbeiten. Ich bin sozusagen als Facharzt für Geriatrie eine Art Lotse oder Netzwerker zwischen den Abteilungen.

Wie muss man sich diese Teamarbeit vorstellen?

Die Behandlung geht über die akutmedizinische Versorgung – also die Notfallversorgung – hinaus. Kommt also beispielsweise ein Patient mit einem Schlaganfall zu uns, wird er entsprechend der medizinischen Leitlinien mit der notwendigen Diagnostik und Therapie versorgt. Nach der Akutphase führen wir eine geriatrische Einschätzung, ein sogenanntes Assessment, mit dem gesamten Team durch.

Wir erfassen körperliche und geistige Einschränkungen, aber auch verbliebene förderungswürdige funktionelle Ressourcen des Patienten und seine soziale Situation. Aus all diesen Informationen erstellen wir dann ein individuelles Behandlungskonzept. Dies umfasst die weitere stationäre Therapie, aber auch die Versorgung mit Hilfsmitteln, die Vermittlung bedarfsgerechter ambulanter Hilfen und die Sozialberatung für die Zeit nach dem Krankenhausaufenthalt

Ab wann ist man denn überhaupt nach Definition der Geriatrie ein Kandidat für die Altersmedizin?

Im Durchschnitt sind geriatrische Patienten über 70 Jahre alt. Der Organismus eines jungen Menschen funktioniert ganz anders als der eines beispielsweise 75-Jährigen. Das betrifft zum Beispiel den Stoffwechsel, die Organfunktionen oder Bewegungsabläufe. Für Kinder gibt es ja auch Kinderärzte, weil kleine Menschen anders „funktionieren“ als Große. Daher ist es nur logisch, dass es für ältere Menschen Geriater gibt, um die Besonderheiten des Alters zu berücksichtigen.

Als Geriater arbeiten Sie auch viel mit dementen Patienten, weil die Demenz eher im höheren Lebensalter auftritt.

Ja, das ist richtig. Nach Expertenschätzungen leben in Deutschland aktuell circa 1,7 Millionen Menschen mit einer dementiellen Erkrankung. Jährlich kommen ungefähr 300.000 Neuerkrankungen dazu. Das Problem dabei ist, dass Menschen mit Demenz ein erhöhtes Risiko für andere Erkrankungen oder Verletzungen haben. Zum Beispiel weil sie stürzen und einen Oberschenkelhalsbruch erleiden. Oder weil sie schlichtweg vergessen, ausreichend Nahrung und Flüssigkeit zu sich zu nehmen, und so unter Mangelernährung oder Austrocknung leiden.

Kommt es dann zum Krankenhausaufenthalt, wird der Patient zusätzlich aus seinem gewohnten Umfeld herausgerissen und landet in einer ihm unbekannten, oftmals hektischen Umgebung. Orientierungslosigkeit, Isolation und nicht selten auch Aggression sind die Folge. Das ist nicht nur für den Patienten unangenehm, sondern erschwert auch den Behandlungserfolg. Es ist daher die Aufgabe des therapeutischen Teams, problemorientiert zu handeln und gleichzeitig alle Einflüsse auf den Patienten und den Behandlungsverlauf einzubeziehen.

Welchen Tipp haben Sie – sozusagen als Spezialist –, um möglichst gesund und zufrieden ein hohes Lebensalter zu erreichen?

Es ist viel einfacher aktiv alt zu werden, als im Alter wieder aktiv zu werden. Das bedeutet nicht, dass sich nicht auch im höheren Lebensalter große Trainingserfolge erzielen lassen, es ist aber wesentlich einfacher, ein gutes Aktivitätsniveau auch bis ins sehr hohe Lebensalter zu erhalten. Hier geht es nicht um Spitzensport oder Maximalbelastung, sondern um regelmäßige Aktivität. Neben den erwiesenermaßen positiven körperlichen und geistigen Effekten sind in einer Belastungssituation die Reserven vorhanden, um rasch wieder ins bisherige Leben zurückzukehren. Fehlen diese Reserven, gestaltet sich die Erholung nach akuten Erkrankungen ungleich langwieriger und schwieriger. Zahlen aus Skandinavien zeigen darüber hinaus sehr schön, dass in den letzten 30 Jahren nicht nur die Lebenserwartung gestiegen ist, sondern noch stärker als diese die Dauer der selbständigen Lebensführung.


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